Tempel der Aru (Sechs)

Die Schöpfung

In den Anfängen, da existierte nur die Alte. Sie wandelte allein durch eine trostlose Leere, ohne Gefährten, ohne Kinder. Weder Sonne noch Mond erhellten ihren Weg, kein Tag, keine Nacht umrahmten ihre Existenz. Verzweiflung umhüllte sie wie ein dunkler Mantel, bis sie mit einer kraftvollen Geste gegen das Universum schlug. Ein ohrenbetäubender Knall durchzuckte das Nichts, und aus diesem gewaltigen Klang entsprang die Welt.

Der Bann des Alleinseins trieb die Alte dazu, aus Wein einen Gefährten zu formen – einen Mann, der ihre Einsamkeit teilen sollte. Eine Verbindung wurde geschaffen, eine Ehe im Chaos der Entstehung. Aus dieser Vereinigung entspross eine Tochter, die Mutter selbst, die sich am Himmelszelt als der wachsame Mond manifestierte. Doch die Alte wollte mehr als nur den nächtlichen Himmel erleuchten lassen.

Um ihrer Tochter Gesellschaft zu leisten, rief die Alte aus einer Sonne einen Mann hervor, der dem Tag Gestalt verlieh. So wurden Tag und Nacht geboren, um die Welt in einen Zyklus von Licht und Dunkel zu tauchen. Doch die Alte sehnte sich nach mehr, nach einem pulsierenden Leben auf der Erde.

In einem weiteren Akt der Schöpfung hauchte die Alte Leben in die Erde ein. Die Mutter und ihr strahlender Gefährte wurden Eltern zweier Kinder: einen bezaubernden Jüngling und eine kühne Kriegerin. 

Die Umanische Trias

Die Junge:

Die junge Kriegerin, mit Helm, Pferd, Schwert und Falle, verkörperte das Wesen der Reiselust, des unerschrockenen Krieges und der bedachten Jagd. Ihr Anblick auf dem Schlachtfeld war wie der Sturm, der über die Ebene fegt, unaufhaltsam und von einer wilden Schönheit.

Die Mutter:

Die Mutter, mit ihrer Haube, dem Löwen, dem Baby, den Ähren und der Mondsichel, verkörperte die Essenz der Fürsorglichkeit, Fruchtbarkeit und schützenden Liebe, die das Leben in all seinen Facetten umarmte.

Die Alte:

Die Alte, mit ihrer Haube, der Eule, dem Stab mit Ranken und den Runen, verkörperte die Essenz der Weisheit, Vorhersehung und Heilkunst. In ihrer Gestalt spiegelte sich die Zeit selbst wider, eine lebendige Chronik der Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft, deren Weisheit die Welt in einem sanften, heilenden Licht durchdrang.

Weitere Götter

Der Jüngling:

Der Jüngling, mit der Rose im Haar, dem prächtigen Pfau, dem Spiegel und der Schriftrolle mit Liebesgedicht, verkörperte die Reinheit der Liebe, die strahlende Schönheit und das Erblühen der Vegetation. In seiner Gegenwart schien die Welt mit einer sanften, lieblichen Aura überzogen zu sein, die Herzen verzauberte und die Natur in ihrer vollen Pracht erblühen ließ.

Der Vater:

Der Vater, mit seiner Handwerkerkappe, dem Salamander, dem Schmiedehammer und der Sonne, verkörperte die Stärke der Schmiedekunst, die Meisterschaft des Handwerks und die Wärme des Herdfeuers. Sein Erbe war das Ergebnis harter Arbeit, sein Vermächtnis die unvergängliche Glut, die er in jede Schöpfung einflößte.

Der Alte:

Der Alte, mit seinem Efeukranz, dem majestätischen Tiger, den Weinreben und dem Weinkelch, war die Verkörperung der grenzenlosen Leidenschaft, des berauschenden Wahnsinns und der Ekstase. Seine Präsenz war wie ein Sturm, der die Sinne erfasste und die Seelen in einen Strudel aus ungezähmter Energie und Ekstase zog.

Institutionen:

Die Tempel sind die zentralen Heiligtümer der Religion und dienen als Versammlungsorte für Gottesdienste, Riten und spirituelle Gemeinschaftsaktivitäten. Diese prächtigen Bauwerke sind den Göttern: innen geweiht und werden von Priestern und Priesterinnen geleitet.

Die Priester und Priesterinnen sind spirituelle Führer und Vermittler zwischen den Gläubigen und den Göttinnen. Sie leiten die Gottesdienste, führen Rituale durch, interpretieren heilige Schriften und bieten geistliche Unterstützung und Beratung an. Die Priester und Priesterinnen spielen eine zentrale Rolle bei der Vermittlung der Lehren der Aru.

Akademien der Weisheit: Diese Bildungseinrichtungen dienen der tieferen Erforschung der religiösen Lehren, der Philosophie und der kulturellen Aspekte der Religion. Hier werden Priester und Priesterinnen ausgebildet, um ein tiefes Verständnis der Umanischen Trias zu entwickeln und ihre Kenntnisse an die Gemeinschaft weiterzugeben.

Riten:

Blütenfest der Liebe (Ritus zum Jüngling): Der Ritus findet im Frühling statt, wenn die Natur zum Leben erwacht. Der Tempel des Jünglings wird mit frischen Blumen, bunten Bändern und duftenden Ölen geschmückt. Die Gläubigen kleiden sich festlich und tragen Blumenkränze. Liebende legen sich einen Blumenstrauß aus Feldblumen vor die Tür. Gläubige können sich von den Priestern und Priesterinnen verschönern lassen mit Ölen und Schminke. Am Abend findet ein großer Tanz statt.

Fest der Jagd (Ritus zur Jungen): Dieser Ritus wird im Frühling abgehalten und ehrt die jugendliche Energie, die der Jüngling verkörpert. Die Gläubigen versammeln sich im Freien, tragen Gewänder, die die Natur repräsentieren, und nehmen an einer symbolischen Jagd teil. Mit Pfeil und Bogen begeben sie sich auf die Suche nach verborgenen Schätzen in der Natur, um die Wildheit und den Abenteuergeist der Jungen zu ehren.

Fest der Schmiedefeuer (Ritus zum Vater): Dieser Ritus findet während der Sommermonate statt und feiert die handwerklichen Fähigkeiten und die schützende Kraft des Vaters. In Tempeln mit Schmiedeplätzen versammeln sich die Gläubigen, um das glühende Metall zu formen und zu schmieden. Die Präzision und die Kreativität des Handwerks werden gefeiert, und Opfergaben aus kunstvollen Metallarbeiten werden dem Vater dargebracht.

Erntedankfest (Ritus zur Mutter): Im Herbst feiern die Gläubigen den Ritus zur Mutter, um die Fülle der Ernte zu würdigen. Tempel werden mit reifen Früchten und Getreide geschmückt. Die Gläubigen teilen Brot und Wein miteinander, während sie für Wohlstand, Schutz und die Gaben der Natur danken. Priester segnen die Ernte und bitten die Mutter um weiteren Segen für die kommenden Zeiten.

Mondfest der Erleuchtung (Ritus zur Alten): Der Ritus findet während der Vollmondnacht statt. Die Gläubigen versammeln sich in den Tempeln der Alten, die mit Kerzen und Fackeln erleuchtet sind. Ein Altar in der Mitte des Tempels wird mit duftendem Räucherwerk, Kräutern und symbolischen Gegenständen geschmückt. Es gibt eine Kräuterzeremonie, rituelle Reinigungen und Vorhersagen durch die Priester und Priesterinnen. 

Lichterfest des Wahnsinns (Ritus zum Alten): Dieser Ritus findet während der längsten Nacht des Jahres statt. Die Tempel der Alten werden mit Kerzen und Fackeln erleuchtet, und die Gläubigen feiern die Dunkelheit als Quelle der Ekstase und des Wahnsinns. Tanz, Musik und Wein fließen reichlich, und die Gläubigen erleben einen Moment der spirituellen Ekstase, um die Verbindung mit dem Alten zu stärken.

Wegschreine: Kleine Schreine entlang von Straßen und in Naturgebieten dienen als Orte der persönlichen Andacht und spirituellen Reflexion für die Gläubigen. Hier können Menschen individuell um Segen, Schutz oder Führung bitten.

Hausaltäre: In den Häusern der Gläubigen befinden sich oft Hausaltäre, wo persönliche Opfergaben dargebracht werden können. Diese Altäre dienen als private Orte der Verehrung und bieten Raum für persönliche Spiritualität und Meditation.

Opfergaben:

Für den Jüngling: Frische Blumen und duftende Kräuter werden als Zeichen der Schönheit und Fruchtbarkeit dargebracht.

Für die Junge: Aus Holz geschnitzte Waffen und Rüstungen für Entschlossenheit und Stärke im Kampf oder Jagdtrophäen wir Zähne oder Federn als Dank für eine erfolgreiche Jagd.

Für die Mutter: Als Symbole der Ernte und des Überflusses werden Früchte wie Äpfel, Trauben und Getreide, insbesondere Weizen und Gerste, als Opfergaben dargebracht.

Für den Vater: Geschmiedete Schmuckstücke, Werkzeuge, Bilder, Zeichnungen oder kunstvolle Gegenstände zeigen die Wertschätzung für die handwerklichen Fähigkeiten des Vaters.

Für die Alte: Aromatische Substanzen wie Räucherwerk oder Duftöle werden als Opfergaben verwendet, um die Sinne zu stimulieren und eine Verbindung mit den spirituellen Kräften herzustellen.

Für den Alten: Wein oder Trauben als Symbol für Genuss, Hingabe und Rausch oder Musikinstrumente oder Lieder, die für ekstatische Klänge stehen oder Masken, die repräsentieren die facettenreiche Natur des Wahnsinns und der Selbstreflexion.

Andere Glaubensrichtungen:

Neben der Staatsreligion gibt es noch kleinere lokale Kulte und Mysterienkulte in geheimen Kellern. Geheime Mysterienkulte konzentrieren sich auf die dunkleren Aspekte der Göttinnen oder auf Mysterien der Unterwelt. Diese Kulte führen in geheimen Kellern rituelle Initiationen durch und gewähren nur ausgewählten Mitgliedern Zugang. Die lokalen Kulte verehren als Entitäten z.B. Fluss-oder Seewächter, Waldhüter, Bergschützer oder die Sternenweber.

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